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Archiv für Februar, 2011

Wertediskussion, Wettbewerb, Korruption

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Im Zuge der gegenwärtigen Wertediskussion erscheinen die traditionellen kulturellen, humanen und unternehmerischen Werte die einzigen bestandskräftigen Komponenten zu sein, die die Veränderungen der gesamten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Welt überleben werden. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird nichts mehr so bleiben, wie es einmal war. Wir erleben zur Zeit dramatische Veränderungen durch die technologischen Entwicklungen, politischen Umstürze, die zu gewaltigen Umwälzungen führen und  den Dimensionen der vergangenen industriellen Revolution nicht unähnlich sind. Wir stecken noch in den Kinderschuhen einer Entwicklung, die wir noch gar nicht begonnen haben zu erahnen. „Mit dem einen Fuß im Marskanal, mit dem anderen im Neandertal“, so singt es treffend Udo Lindenberg und meint damit auch, dass wir noch nicht begriffen haben, wo wir eigentlich stehen und was wir eigentlich wollen.

Deutschland rangiert nach einer Studie von Transparency International in der Hitliste korruptiver Staaten in Europa im vordersten Feld. Wenn Korruption verstanden wird als „heimlicher Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen und Vorteil“ (TI), dann gehören hier alle Spielarten kriminellen Vergehens hinein, die sich tagtäglich im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Raum abspielen.

Wir sind bereits so weit, dass dieser Missbrauch nicht einmal mehr verheimlicht wird, sondern auf der Tagesordnung jeder öffentlichen Auftragsvergabe, jeder internationalen Akquisition in allen Teilen der Welt gehört. Die Revolutionen im arabischen Teil der Welt haben einmal mehr demonstriert, dass viele Gelder – auch die der Entwicklungshilfe – bei den Menschen offenbar vor Ort nicht ankommen, sondern auf den Konten der Machthaber landen, die Veruntreuungen in Milliardenhöhe gegen ihr Volk begangen haben. Nicht viel anders sind auch die Korruptionsvergehen im Inland zu bewerten. In einem Land, in dem vor nicht allzulanger Zeit noch Schmiergelder an Auftraggeber und Geschäftspartner als Betriebsausgaben behandelt wurden und damit die zu zahlende Einkommensteuer senkten, ist die Bestechung zum anerkannten Mittel geschäftstüchtigen Unternehmertums geworden. Große DAX-Unternehmen müssen sich immer wieder den Ermittlungen von Staatsanwaltschaften stellen, um entsprechende Vorwürfe auszuräumen.

Korruptionen entladen sich nicht nur in illegalen Transaktionen, sondern auch in gesetzliche Praktiken, wobei sie in letzteren als noch weniger unmoralisch empfunden werden. Korruptionsanfällig sind alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche. Diese finden sich bei den politischen Amtsträgern in den Amtsstuben und  Regierungspalästen ebenso wie in den Fluren öffentlicher Verwaltungen bis hin zu den  Verstrickungen in der Bauindustrie, der Rüstungsindustrie und aller anderen nicht namentlich erwähnten Wirtschaftsbereiche.

Korruption wird vielfach nicht als kollektives Übel angesehen, durch das das wirtschaftliche Wachstum gehemmt und nicht beflügelt wird, sondern persönliche Vorteilnahme lässt jedes Gespür für die damit verbundene Aussetzung wettbewerbsbewusster Regeln ausser Kraft setzen. Bei der Korruption geht es um Vorteile, die sich Unternehmen oder Personen aneignen, indem sie meist praeter legem Ausnahmen, Gefügigkeiten oder Begünstigungen jedweder Art vereinnahmen oder einfordern. Die Liste dieser Anreize für die Entgegennahme von Gefälligkeiten ist so umfangreich, wie der Wunschkatalog von Menschen nur sein kann. Umgekehrt wird von den Empfängern dieser fringe benefits ein Wohlverhalten eingefordert, das den Bestechenden die wirtschaftlichen, persönlichen oder gesellschaftlichen Vorteile verschafft. Das Spektrum der Annehmlichkeiten reicht von Geldzuwendungen bis hin zu akademischen Würden.

Allen Korruptionsversuchen ist gemeinsam, dass die Akteure, staatliche wie private, zu Lasten unbeteiligter Dritte, also praktisch zu Lasten der Mitbewerber im Markt, handeln. Wettbewerb wird durch Korruption eingeschränkt. Er kann sich nicht über Konditionen, Qualitätsofferten und Preise so entfalten, wie es der Markt eigentlich fordert. Wenn also der Wettbewerb eingeschränkt oder gar behindert wird, werden interne Kosten nach aussen hin verlagert, d.h. externalisiert und private oder unternehmerische Vorteilnahmen werden zu Lasten eines gleichen Wettbewerbs auf die Allgemeinheit umgelegt. Die Allgemeinheit bzw. die Mitbewerber tragen die Lasten des entgangenen Wettbewerbsvorteils. Es steigt bei gleichen Leistungen – staatlichen wie privaten – die Abgabenlast oder umgekehrt, sinkt bei gleicher Abgabenlast die staatliche oder private Leistung. Die den Wettbewerb auszeichnende Planungssicherheit entfällt oder wird zumindest stark eingeschränkt und die Legitimität des Staatsapparates und die Produktivität privater Wirtschaftsleistungen werden untergraben bzw. eingeschränkt. Beides schreckt  ehrliche Investoren entweder ab oder zieht auch sie in den Bann korruptiven Geschäftsgebarens.

Die Folgen dieser Verhaltensweisen sind, dass in toto betrachtet, Wohlstand und Beschäftigung zurückgehen, weil nicht an auskömmlichen Preisen orientierte Mitbewerber im Markt Berücksichtigung finden und Beschäftigte entlassen oder sie ganz vom Markt verschwinden müssen. Unter diesem Aspekt wird deutlich, wie wichtig die Implementierung von Ethik-Managementsystemen in kleinen und grossen Unternehmen sind, um nachhaltig Korruption aus den geschäftsstrategischen Überlegungen zu eliminieren.

Korruption als ethischer Unwert wird für die meisten Akteure nur dann zum Problem, wenn sie nicht geheimgehalten werden kann und dann strafrechtlich verfolgt wird. Sehr viele spektakuläre Beispiele in der jüngsten Vergangenheit haben immer wieder den Sumpf schwarzer Kassen und geheimer Konten aufgedeckt, mit denen die Unternehmen glaubten, dem Wettbewerb ein Schnippchen zu schlagen und am Ende einen unermesslichen Schaden für sich, ihr Unternehmen und das ganze Land heraufbeschworen haben. Bisher waren die Medien die Korruptionswächter. Politische Instanzen haben sich nolens volens nur noch in der Abwehr öffentlich bekannt gewordener korruptiver Unterstellungen üben können, aber nichts oder nur wenig zu ihrer Beseitigung oder Bekämpfung beigetragen. Im Gegenteil. Ihre Kontrollfunktion hat völlig versagt und wird kaum noch von der Bevölkerung ernst genommen.

Korruption ist kein Kavaliersdelikt. Es ist  ein strafbarer Vorgang, bei dem die Beteiligten möglichst dazu verdonnert werden, dicht zu halten. Es ist empirisch längst erwiesen, dass Korruption sich längerfristig immer negativ auf Investitionen und damit Beschäftigung auswirkt. Ergebnisse aus dieser Erkenntnis blieben jedoch bis heute unbeachtet.

Soziale Netzwerke können helfen, Korruption einzudämmen. Je offener und transparenter soziale Gruppen in der Lage sind, gegen ethische Verwerfungen vorzugehen und korrupte Machenschaften zu verhindern, desto geringer wird auch die Angriffsfläche für Korruption sein. Soziale und ethische Kompetenzen in unserer Gesellschaft und in unseren Wirtschaftsunternehmen werden immer mehr zum Gradmesser für weniger korrupte Handlungsmechanismen und für einen fairen Umgang im Wirtschaftsleben.

In diesem Geist wird auch das Netzwerk von VITAO® einen Meilenstein setzen, der das VITAO® verpflichtende  Wertegefüge in einer Welt deutlich macht, die es verdient, dass alles unternommen wird, damit unsere Zukunft wieder menschen-, anstands- und sachgerecht gestaltet wird.

Mail vom 24. 02.2011- Prof. Dr. Joachim Kohlhof  Schirmherr Vitao®Ethic-Community

Ethik und Gewinnerzielung

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Diese Frage taucht in vielen Diskussionen auf und lässt bei den meisten Diskutanten den Eindruck entstehen, dass man als Unternehmer mit Rücksicht auf ethische Handlungsmaxime nicht mehr den unternehmerischen Freiraum besitzt, der erforderlich ist, um erfolgreich im Markt zu bestehen. Diese irrige Ansicht hat sich durch unkluge und völlig deplazierte Überlegungen bei vielen Unternehmen und Unternehmern manifestiert und es ist  schwer, immer wieder dieses Vorurteil auszuräumen.

Worum geht es in der Unternehmensethik? Grundsätzlich wird für den Markt produziert und dieser wird von Menschen gestaltet: weder von Maschinen, noch von Systemen und auch nicht von Ausserirdischen. Der Mensch steht und bleibt im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Geschehens und das ist gut so. Wirtschaften ist nicht Selbstzweck, sondern dient ausschliesslich uns, dem Menschen – und zu seinem Wohl und nicht seinem Untergang.

Die moralische Orientierung des Unternehmens setzt zwangsläufig unternehmerischen Freiraum voraus. Ein Unternehmen, das behauptet, nur unter dem Diktat der Sachzwänge zu produzieren oder zu wirtschaften, hat bereits seine moralische Kompetenz verspielt. Natürlich bestehen in einem Wirtschaftssystem Vernetzungen und Abhängigkeiten, die Grenzen ziehen, die das Unternehmen respektieren muss und nicht ohne weiteres überschreiten kann. Dies enthebt es aber nicht, bei der Wahl seiner Mittel die Gebote verantwortlichen Unternehmenshandelns ausser Acht zu lassen.

Es geht bei der Gewinnerzielung unter ethischen Aspekten nicht um die Höhe des Gewinns oder der erzielten Rendite, sondern um die Mittelwahl, wie und mit welchen Mitteln  dieser Unternehmensgewinn erzielt wird.

Der Unternehmensgewinn bildet erst die Voraussetzung, am Markt zu bestehen und sich unternehmensethischen Fragen zu stellen. Die Ethik steht also nicht konträr der Gewinnerzielung entgegen, sondern begleitet sie und beflügelt sie sogar unter der angemessenen und menschenwürdigen Mittelwahl, den grösstmöglichen, d.h. unter ethischen Aspekten, den angemessenen Gewinn nachhaltig zu erzielen.

Mit der Ethik gewinnt das Unternehmen völlig neue Perspektiven. Es gewinnt den Respekt, die Achtung und die Wertschätzung von Kunden und Lieferanten hinzu und gestaltet sich als ein Partner, der in hohem Masse sich „symmetrisch“ verhält: Er hält das ein, was er verabredet und sagt das, was er denkt. Dies macht ihn im wahrsten Sinne zu einem ethischen Unternehmer, der am Ende nur gewinnen kann und nicht verlieren muss. So gesehen ist der unternehmerische Freiraum die Grundbedingung für die Wahrnehmung ethischer Anliegen und moralischer Orientierung im eigenen Unternehmen.

Ohne auf theologische Weisheiten einzugehen, die immer gerne bemüht werden, um den Erfolg der „Werkstatt Kirche“ zu beweisen, ist unstreitig, dass nur mit dem arbeitenden Menschen – und nicht gegen ihn – eine menschengerechte Arbeitswelt gelingen kann. Wer agrarindustrielle Massenhühnerhaltung seinen Mitarbeitern als tiergerecht verkaufen will, hat nur dann kein Problem dies umzusetzen, wenn er z.B. Druck auf seine Mitarbeiter zur deren Arbeitsplatzerhaltung ausübt. Wer in Bangladesh als Kleiderdiscounter Kinderkleider von einheimischen Schneidern in Massenmenschhaltung zuschneidern lässt und sie in Wochenarbeit von 6 Tagen mit täglich 9 Stunden und einem Stundenlohn von kaum mehr als 0,20 Euro pro Stunde bei einer Tagesproduktion von 2500 Kinderjeans arbeiten lässt, kann kaum als ein unternehmerischer Zeitgenosse behandelt werden, dem der Respekt und die Verantwortung für seine Mitarbeiter positiv angerechnet werden kann. Es ist eher der Beweis, wie die menschliche Würde auf dem Altar wirtschaftlicher Ausbeutung geopfert wird. Hier klafft die ganze Spannweite des menschenwürdigen und menschenverachtenden Unternehmertums auseinander.

Was wirtschaftlich machbar ist, muss auch stets eine moralische Dimension haben. Diese darf und kann nicht ignoriert werden. Beides, die Ökonomie und die Ethik gehen eine Symbiose ein, die für alle Beteiligte in eine Verträglichkeit führt, die für Mitarbeiter und Kunden nur gemeinsame Vorteile hat. Wer dies missachtet, negiert die Notwendigkeit, sich mit ethischen Fragen in der Wirtschaft auseinanderzusetzen. Er übersieht deren positive Wirkung auf die Gewinnerzielung und verkennt die Rolle des Unternehmertums für die menschliche Gesellschaft.

Nochmals, es geht nicht um Verzicht oder um Verluste, sondern es geht um ein positives Bewusstsein, dass nicht diejenigen bestraft werden, die sich im Wirtschaftsleben an ethische Gebote der Menschlichkeit halten. Nur daraus werden langfristig Vorteile gewonnen, die den geschöpf- und menschenverachtenden Wettbewerbern verborgen bleiben.

Aus einem Mail vom 18.02.2011- Prof. Dr. Joachim Kohlhof  Schirmherr Vitao®Ethic-Community

Mit Verantwortung zum Erfolg

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Vor einiger Zeit gab es eine Studie von Ernst & Young zum Thema: “Mit Verantwortung zum Erfolg“.

Unternehmen, die gesellschaftliche Verantwortung zeigen, haben ausserordentlich positive Rückkoppelungseffekte. Sie zeichnen sich meist durch die Unterstützung sozialer Engagements aus und haben  in der Regel  ein überdurchschnittliches betriebliches Wachstum.

Verantwortung zu übernehmen wird dabei zur wesentlichen Triebfeder des eigenen unternehmerischen Erfolges. Geschäftsprozesse werden optimiert und der Bekanntheitsgrad erheblich gesteigert, ohne hierfür eigene Werbemittel einsetzen zu müssen.

Es geht in der Wahrnehmung von Ethikmanagement im Unternehmen nicht einmal um hohe Sach- und Geldspenden, sondern um die Bereitschaft, sich an zukunftsträchtigen sozialen, kulturellen, karitativen, wissenschaftlichen Projekten zu beteiligen, Humankapital und Sozialkapital hierfür bereitzustellen und diese Projekte nachhaltig zu begleiten.

So unterstützen inzwischen von 100 untersuchten Unternehmen (lt. E&Y) 57% der befragten Unternehmen Forschungs- und Bildungseinrichtungen und Bildungsfonds für Schüler und Studenten bis hin zu Förderprogrammen für gesunde Ernährung und Kindertagesstätten. Über 2/3 der Unternehmensleitungen sind davon fest überzeugt, dass sich verantwortungsbewusstes und damit auch soziales Verhalten, immer positiv ausbezahlt, weil es meist mit den eigenen Geschäften und Verbindungen zusammenhängt. Mehr als die Hälfte aller Unternehmen erwarten positive Synergieeffekte aus ihren firmeneigenen Aktivitäten und sie erhoffen sich zugleich bessere Netzwerke auch zu unternehmensfremden Arbeiten und Dienstleistungen.

Unstreitig ist, dass durch die offenkundige gesellschaftliche Verantwortung die Attraktivität der Unternehmen als potentielle Auftrag- und Arbeitgeber steigt und für künftige high potentials, exzellente Bewerber und interessante Kunden ein gesuchter Geschäftspartner wird. Denn immer mehr Anspruchsgruppen in Gesellschaft und Wirtschaft neigen dazu, vom sozialen Einsatz ihres „Partners“ auch auf dessen Unternehmenskultur zu schliessen und damit auch auf sein partnerschaftsgerechtes Arbeits- und Vertragsklima.

In den Unternehmen allerdings, wo die Klugheit fehlt, da hilft dann nur noch die schlechte Erfahrung.

Um diese zu vermeiden, sollten sich die Unternehmen in einem Selbstaudit die Fragen stellen:

  • Wo liegen die Ziele und Prioritäten Ihres Unternehmens?
  • Wo nehmen Sie moralische Defizite wahr?
  • Wie moralisch integer sind Führungskräfte und Mitarbeiter?
  • Was erwarten ihre Kunden in moralischen Belangen?
  • Wie werden Unternehmen in der Öffentlichkeit hinsichtlich ihrer moralischen Integrität beurteilt?

Nach dieser Bestandsaufnahme erfolgt die Erarbeitung eines ethisch fundierten Unternehmensleitbildes und mündet in einen Massnahmenkatalog ein zur Förderung der Wertorientierung. Zur Abrundung eines sich nach ethischen Kriterien selbstverpflichtenden Unternehmens müssen Möglichkeiten der Prüfung und der Sanktionierung aufgezeigt werden. Erst dann ist der Weg frei für ein Unternehmen, das sich dem hohen Wertgefüge eines moralisch und ethisch einwandfreien Wirtschaftspartners stellen kann.

Diese kurze Skizzierung verdeutlicht einmal mehr, dass ein Unternehmen mit einem hohen gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstsein sich nicht leichtfertig auf die pünktliche Zahlung von Steuern oder einiger Geldspenden zurückziehen kann, sondern in hohem Masse sich die reputative Wertschätzung der Öffentlichkeit erst auf Dauer verdienen muss. Dann ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein good citizen und responsible. Am Ende eines derartigen Prozesses ist eine Zertifizierung ethischen Unternehmensmanagements möglich und sie krönt zugleich die hohe Wertschätzung die ein ethikzertifiziertes Unternehmen bei Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, in Staat und Gesellschaft geniesst.

Aus einem Mail vom 18.02.2011 – Prof. Dr. Joachim Kohlhof  Schirmherr Vitao®Ethic-Community

«I am responsible» – die Herausforderung!

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Verantwortung verpflichtet. Mit diesem „Slogan“ treten mehr oder weniger prominente Zeitgenossen an die Öffentlichkeit und erschlagen damit jedes entgegenstehende Argument. Sie nehmen nicht zur Kenntnis oder wollen nicht verinnerlichen, dass zur Übernahme von Verantwortung der ernsthafte Wille vorhanden sein muss, die eigene Verantwortung zu erkennen, sie ernsthaft zu leben und notwendige Konsequenzen zu ziehen, wenn er sich ihr stellen muss.

Ver-antwort-ung enthält das Wort Antwort. Worauf gibt der Träger von Verantwortung nun die adäquate Antwort?

Voraussetzung zur Übernahme von Verantwortung ist die persönliche Befähigung, verantwortlich zu sein und sich verantwortlich zu fühlen. Wer hier schon Schwierigkeiten hat, sollte sich der ihm angedienten  bzw. übertragenen Verantwortung gar nicht erst stellen. Nur wer verantwortlich sein will, kann auch Verantwortung tragen. Und nur dann kann er auch verantwortbare Handlungen, Ziele und Maßnahmen treffen und sie mit anderen kommunizieren.

Wer Verantwortung also tragen will und diese als berechtigt anerkennt und danach lebt und handelt, muss Antwort geben können auf das, was er denkt, was er sagt und was er tut. Leider finden wir in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in Permanenz eine enorme Diskrepanz, weil ethische Asymmetrien unser Leben bestimmen. Wer Verantwortung in allen Lebensbereichen übernimmt, muss sich als verantwortlich erweisen und für das was er anstrebt, als verantwortbar vertreten.

 Im Unternehmensbereich gehören hierzu die Definierung

  • verantwortbarer Unternehmensziele, eine
  • verantwortbare Mitarbeiterführung und schließlich eine
  • verantwortbare Außenbeziehung zu Kunden, Lieferanten und Gesellschaft.

Leider beobachten wir eine weite Verbreitung von Verantwortungslosigkeit bis in die Spitzenpositionen von Wirtschaft und Gesellschaft. Niemand ist mehr bereit, für seine persönlichen Vergehen Rechenschaft abzugeben, wenn ihn der Staatsanwalt nicht hierzu auffordert. Diese Vergehen sind entweder offenkundig oder sehr subtil. Solange die Öffentlichkeit nicht Anstoss nimmt, gehen die Vergehen weiter, insbesondere dann, wenn die Presse hierzu schweigt.

Angesichts der unzählbaren Fülle dolosen und verantwortungslosen Handelns sticht allerdings die Einlassung eines jüngsten Politstars besonders negativ hervor, die nachgewiesen unwissenschaftliche  Erstellung einer Dissertation in aller Öffentlichkeit als abstrus zu beantworten. Im Kontext der oben erwähnten Interpretation der Verantwortung, erscheint eine solche „Antwort“ als unglaublich.

Wenn ein ausgebildeter Jurist wissentlich eine eidesstattliche Erklärung unter seine fertiggestellte Dissertation unterschreibt mit folgendem Wortlaut: Hiermit erkläre ich ehrenwörtlich, dass ich die vorgelegte Arbeit ohne fremde Hilfe verfasst, hierzu keine anderen als die im Schriftenverzeichnis der Arbeit angegebene Quellen benutzt und noch an keiner andere Hochschule zu Studien- und Prüfzwecken vorgelegt habe, dann handelt es sich um eine vorsätzliche Täuschung. Wenn die alma mater nicht in den Ruf pseudopolitischer Abhängigkeit geraten will, bleibt nur die Aberkennung des Doktorats oder anderer erschlichener akademischen Würde. Widrigenfalls gehört diese Hochschule dann im Ranking aller anderen Hochschulen ans Ende der Hitliste.

Seien wir also vorsichtig mit dem leichtfertigen Umgang anvertrauter Verantwortung. VITAO® weiss um diese Problematik und fordert die tägliche Umsetzung einer nachvollziehbaren Verantwortungsethik, die nicht an den Schranken von Geld und Kapital, von Politik und Macht, von Medien und Gesellschaft halt macht. Auch und insbesondere stellt uns unsere Kampagne «Die Welt schaut auf Glarus»  Ethik- und Demokratie-Verständnis als Standortbestimmung vor eine grosse Verantwortung. Denn es ist nicht auszuschliessen, dass potentielle Mitglieder davon ausgehen, dass es sich hierbei mehr oder weniger um einen Werbeslogan handelt.

Alexis von Tocqueville

Alexis von Tocqueville

Vielleicht fangen wir eines Tages an zu begreifen, dass sich unethisches und damit unverantwortliches Handeln rächt und dass Verantwortung kein Aufwand bedeutet, sondern Ertrag. In Anlehnung an Alexis von Tocqueville  sollten wir uns stets vor Augen halten, dass nicht nur das Nützliche ehrenwert ist, sondern auch das Ehrenwerte nützlich sein kann.

Mail vom 18.02.2011 – Prof. Dr. Joachim Kohlhof  Schirmherr Vitao®Ethic-Community

Gedanken zur Banken-Ethik

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Prof. Dr. Joachim Kohlhof

Anbei einige Gedanken zur Bankenethik, die mich bewegen…

Bislang haben die Geldhäuser einen weiten Bogen um die Bankenethik gemacht. Hypertone Bankengewinne und ungerechtfertigte Gehaltsexzesse bildeten die Schlagzeilen in unseren Gazetten und hatten mit ethischer Unterlegung wenig zu tun. Die Finanzkrise war ein Produkt aus ungezügeltem Machtbewusstsein, unverantwortlicher Spekulation und einem Wettfieber, das nur auf Rennbahnen oder Spielcasinos seines Gleichen suchte. Die Banken waren weit davon entfernt, der Gesellschaft, aus der die Gewinne abgesogen wurden, auch einen Teil ihrer finanziellen Beute zurückzugeben. Die Verunsicherungen, die finanziellen Schäden und die Forderungsausfälle wurden sozialisiert, während die Gewinne eingeheimst, d.h. privatisiert wurden.

Die Finanzinstitute scherten sich wenig um ihren lokalen und regionalen gesellschaftlichen Auftrag, weil sie ihre exorbitanten Gewinne aus dem Äther globaler Vernetzung von Investmentbanking, Rohstoffspekulation und dubiosem Derivatehandel bezogen. Für ethische Überlegungen war kein Platz. Solange diese „Wetten, dass“ Mentalität anhielt und das Glück den Spielern hold blieb, blieb auch die Ethik außen vor. Hinzu kam, dass im Euro-Bereich die Fehler der Banken kaschiert, schlechte assets ausgegliedert und neues Spielmaterial über die Europolitik bereitgestellt wurden.

Die Synchronisation von krisengeschütteltem Bankenmanagement und politischer Willfährigkeit war perfekt. Die Banken haben bis heute die EU als Zugpferd ihrer persönlichen Interessen zu nutzen gewusst. Auch hier fand eine Sozialisierung der Kosten der Finanzkrise und die Privatisierung des zur Verfügung gestellten Nutzens statt. Die Folge ist die latente Erschütterung der Geldwertstabilität des Euro, der im Wettbewerb mit neu auf dem Geld- und Kapitalmarkt drängenden Währungen, weiter Federn lassen wird.

Haben wir eigentlich nicht begriffen, was Jahrzehnte lang die Bundesbank mit großem Erfolg praktizierte, nämlich durch ein hohes Stabilitätsbewusstsein für die Deutsche Mark, diese als Quasi-Reservewährung in der Welt zu etablieren, während wir unter der Ägide der EZB beginnen, die zweitwichtigste Rolle des Euro auf den Weltmärkten als stabilen Anker für Geldanlagen und Import-Exportkalkulationen zu verspielen, trachten?

Der Geist der Bundesbank weht schon lange nicht mehr in den Räumen der Währungshüter. Nur so ist es zu erklären, dass einer der letzten Promotoren für eine stabile Leitwährung nicht bereit ist, das Amt eines EZB-Präsidenten anzutreten, weil ihm die Gefolgschaft für eine stringente Geld- und Währungspolitik versagt bleibt. In diese Landschaft passt dann auch die Verkündung, noch mehr Geld für mögliche internationale Bankpleiten und für den Kauf von Eurobonds bereit zu stellen, damit die Verschuldungspolitik leichtblütiger Mitgliedsländer nicht behindert wird.

Gerade in dieser schwierigen Zeit wäre es wünschenswert gewesen, Protagonisten der unumstößlichen Vermeidung inflationsbedingter Gefahren an der Spitze einer europäischen Institution zu wissen, der es ernsthaft um die Sorge der Geldwertstabilität des Euro geht. In der Tat, eine verpasste Chance, die andere Länder zu nutzen wissen, die großzügiger mit der notwendigen Stringenz preisstabiler Wirtschafts- und Wachstumsfaktoren umzugehen verstehen. Der Euro wird nie so stark sein, wie es die stärkste Nation durch ihre Wirtschaftsdaten ermöglichen könnte, sondern immer nur so schwach sein, wie es die schwächsten Nationen, sprich die verschuldungsfreundlichsten Mitgliedsländer, zulassen. Die Souveränität der einzelnen Mitgliedsländer gestattet ihnen, auf diskretionäre Hinweise der auf Sicherheit und Stabilität bedachten Partner nur mit den Instrumenten zu antworten, wie es die jeweilige eigene Bevölkerung zulässt. Diese Gradwanderung ist natürlich schwierig, sie hat aber die Politik bis heute nicht veranlasst, dafür zu sorgen, dass diesem unseligen Treiben, um mehr Nehmen als Geben, ein Ende gesetzt wird.

Was sich auf den Finanzmärkten ausgetobt hat und noch weiter austoben wird, beginnt sich in der Lebensmittelbranche fortzusetzen, die in eine zügellose international gesteuerte Preistreiberei mit hohem spekulativen Charakter zur Zeit mündet und zu entarten droht. Kein Bereich gesellschaftlichen Zusammenlebens scheint davor geschützt zu sein, nicht zum Gegenstand wilder und den menschenverachtender Spekulation zu werden.

So ist es um so begrüssenswerter, wenn ein ganzer Kanton beginnt, sich auf seine ethischen Wurzeln zu besinnen und Vorbild für Regionen in anderen Ländern zu werden. Was bei klugen Banken und bei einigen wenigen politischen Verantwortungsträgern zu fruchten scheint, wäre der Beginn einer neuen Denkhaltung, die für uns alle das Überleben sichert. Wenn schon diejenigen, die zwar für die angetretene Verantwortungsübernahme hoch bezahlt werden, aber nicht ihrer Ämter würdig sind, so ist es jedenfalls um ein Vielfaches ehrenvoller auch im Kleinen zu versuchen, Schaden von der Gesellschaft und den Mitbürgern auf jede erdenkliche Weise fern zuhalten. Dazu dient auch unser Projekt.

Mail vom 15.02.2011- Prof. Dr. Joachim Kohlhof  Schirmherr Vitao®Ethic-Community